Tiertransporte
Die Rationalisierung in der Landwirtschaft macht auch vor den Schlachthöfen nicht Halt. Durch den Wegfall kleiner, regionaler Schlachthöfe (die möglicherweise den EU-Kriterien nicht entsprechen) werden die Transportwege für Lebendtransporte immer länger.
Im Jahr 2000 wurden 312 Millionen Tiere grenzüberschreitend in der Europäischen Union transportiert. Das entspricht 434.276 LKWs. Dazu kommen die innerhalb der Landesgrenzen stattfindenden Tiertransporte. Tiertransporte führen oft zu unaussprechlichem Tierleid. Zu den langen Transportwegen kommen noch qualvollere Wartezeiten, die bei Schlachttieren zu enormen Stressbelastungen führen.
Selbstverständlich gibt es Vorschriften zum Tiertransport sowie zum Ab- und Aufladen der Tiere. Engagierte Tierschutzorganisationen berichten, dass diese Vorschriften oft genug nicht eingehalten werden. In Kisten gepfercht, aus der Herde gerissen, in LKWs gestoßen, zu Tode erschrocken, erreichen die Tiere den Schlachthof. Manche von ihnen sterben bereits am Transportweg.
In der Tierhaltung gilt oft die Maxime:
Geringstmöglicher Aufwand — kürzestmögliche Zeit — höchstmögliche Produktion.
Dass das Ergebnis dieses Tuns immer Tierleid erzeugt, wird konsequent ausgeblendet. Alles geschieht unter dem Motto: Jeder Quadratzentimeter muss kapitalisiert werden! Der Mensch als Schrecken alles Lebendigen.
„Und Furcht und Schrecken vor euch sei auf allen Tieren der Erde.“
Genesis 9,2
Es erscheint mir völlig abwegig zu glauben, dass die Art und Weise, wie Tiere gehalten worden sind, wie und womit sie gefüttert wurden, dass all diese Informationen nicht auf unsere Teller gelangen.
In jedes Stück Fleisch, das wir essen, in jedes Ei sind das Grauen der Tiere und die gebrandschatzten Regenwälder, die wir für das Sojafutter systematisch devastieren, mit eingeschrieben. All dies verleiben wir uns beim Essen ein. Ich bin überzeugt, dass dies alles unmittelbare Auswirkungen auf unsere seelische, geistige und physische Gesundheit hat.
Warum isst jemand ein Steak z.B. rare, saignant, blutig? Er will nichts anderes, als sich die vermeintliche Kraft des Tieres, das Lebendige des Blutes, einverleiben. Da blitzt eine uralte, aus der Stammesgeschichte ragende Ahnung auf.
Moses glaubte, dass das Leben durch die Nahrung besteht. Die Tiere wurden in reine und unreine geteilt. Durch den Genuss der unreinen werde der Mensch verdorben. In der heutigen Diktion heißt das nichts anderes als: „Der Mensch ist, was er isst.“
Gregor von Nyssa, der Kirchenvater: „Der Mensch nimmt mit seiner Nahrung die tierische Leidenschaft auf. In der Endzeit, wenn er ‚Engelsnahrung’ genieße, wird er auch die tierische Leidenschaft loswerden.“
Bedenken Sie nur das sakramentale Essen, das Heilige Mahl. Die christliche Transsubstantiation, das Mysterium des Abendmahls. Das Essen ist schlichtweg eine der ältesten Formen der Einigung mit dem Geistigen, der Gewinn geistiger Eigenschaften.
Für Hippokrates stellt das Essen von Pflanzen und Tieren einen Stoffwechsel mit der Erde dar. Der griechische Philosoph Epiktet: „Der Sünder, der den Menschen in sich zerstört, wird zum Wolf.“
In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist die Überzeugung, dass die Eigenschaften der Lebewesen beim Konsumieren übernommen werden, ein inhärenter Bestandteil der Therapie.
Für die angeschlagene männliche Potenz werden gerade in der heutigen Zeit — in der Zeit von Viagra — Nashörner (Nashornpulver), Saiga-Antilopen (Hörner) und Tiger (Penisse und Knochen), die als Aphrodisiaka Wunder vollbringen sollen, ausgerottet.
Die Frischzellentherapie, bei der tierische, in der Regel aus Schafsföten gewonnene Zellen injiziert werden und sich schlaff Gewordene wieder verjüngen, dieser Jungbrunnen der industrialisierten Welt gehört gleichfalls zur Einverleibungskategorie und liegt gar nicht so fern von den Bräuchen der Anthrophagie, bei denen sich der Häuptling die Hoden, das Herz und das Hirn seines Opfers einverleibt, um sich dessen Potenz, Mut und Klugheit zu Eigen zu machen.
Scham und Ekel sind hier falsch am Platz. Dies zu verdrängen, abzuspalten, ist lächerlich und verhindert hinzuschauen, wo hinzuschauen unsere Pflicht und Ausdruck unseres Verantwortungsgefühls ist. Wagen wir doch die Konfrontation mit dem Realen, der Wirklichkeit unter der Oberfläche unserer „Opfer“!
Tierhaltung ist Gesinnungshaltung.
Wir müssen als Konsumenten durch unser Kaufverhalten zu einem grundlegenden Gesinnungswandel beitragen.
„Wo du auch wandelst im Raum, es knüpft dein Zenit und Nadir
An den Himmel dich an, dich an die Achse der Welt.
Wie du auch handelst in dir, es berühre den Himmel der Wille
Durch die Achse der Welt gehe die Richtung der Tat.“
F. Schiller